Die Kirche zur Rosenkranzkönigin

  • Matthias Schneider

 

Kirche 1923

Kirche 1923

 

Die Kirche von Auderath, Filale von Alflen, präsentiert sich dem Betrachter bei all ihrer Schlichtheit als Schmuckstück des Dorfes. Blickfang im Innern ist der Hochaltar, wo man im Jahr 1952 eine bemerkenswerte Entdeckung machte. Als man bei der Chorerweiterung den alten Altar versetzte, fand man im Sepulcrum einen Reliquienbehälter, „ein gotisches Nup­penglas, das noch die unversehrte, dicke Wachsumhüllung trug und in dessen oberen Teil ein rotes Wachssiegel eingebettet war“.1 Es war das Siegel des Weihbischofs Gerhard, Bischof von Salona, der von 1432 bis 1448 Weihbischof in Trier war.2 Das Siegel „hat eine spitzovale Form und zeigt innerhalb eines altarähnlichen gotischen Aufbaues das Bild der Madonna mit Kind; darunter kniet in einer Nische ein Bischof mit Stab. Die Umschrift lautet: S(igillum) reve(re)ndi in chr(ist)o p(at)ris et d(omi)ni Gerhardi dei gra(tia) ep(iscop)i salon(ensis). Der Reliquienbehälter wurde seines so gut erhaltenen Zustandes wegen nicht geöffnet, dies umso weniger, weil man im Bistumsarchiv die am 9. August 1447 in Koblenz geschriebene Ur­kunde fand, die Weihbischof Gerhard gelegentlich der Konsekration [einer Kapelle zu Uden­rait] als Ablassbrief herausgab“.3 1592 wird eine Kapelle zu „Odoradt“ als Filiale von Alflen genannt.4 Ein Visitationsbericht aus dem Jahre 1569 erwähnt als Schutzpatron den hl. Sebas­tian,5 eine Akte aus dem Jahr 1577 die hl. Luzia.6 1656 wird der hl. Rochus, der „Pestheilige“, als zweiter Patron genannt.7 Damals wurde auch das so genannte „Pestkreuz“ errichtet, das die Jahreszahl 1657 trägt. Beides deutet darauf hin, dass der Schwarze Tod in jenen Jahren Auderath heimgesucht hat. Da außerdem die Eifel auch nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges noch jahrzehntelang Schauplatz kriegerischer Auseinandersetzungen war, verwundert es nicht, wenn ein Visitationsprotokoll aus dem Jahr 1715 festhält: „Die Kap.[elle] in Audert befindet sich in sehr elendem Zustande.“8

 

Der Neubau v. J. 1734 wird von E. Wackenroder so beschrieben: „Es war ein einfacher ver­putzter Bruchsteinbau mit drei Achsen flachbogiger Fenster und dreiseitigem Chorschluss nebst anschließender Sakristei. Das Westportal mit Oberlicht im Rundbogen. Über dem Westende ein vierseitiger Dachreiter mit je zwei kleinen Öffnungen. Flachbogige Holz-Lehm-Tonne über Holzgesims; zwei Balkenzuganker sicherten die Mauern.“9

 

Am 14. September 1734 in Trier ausgestellte Urkunde anlässlich des Neubaus der Kirche

Am 14. September 1734 in Trier ausgestellte Urkunde anlässlich des Neubaus der Kirche

 

Teilübersetzung (Pfr. Klemens Hans / Werner Hürter):

„Franz Georg [von Schönborn], von Gottes Gnaden Erzbischof zu Trier, des Heiligen Römischen Reiches Erzkanzler für Gallien und das Königreich Arelat und Kurfürst, Bischof zu Worms, Fürstpropst zu Ellwangen, ständiger Administrator zu Prüm“, erteilt zusammen mit seinem Weihbischof [Lothar Friedrich von Nalbach, Titularbischof von] Emmaus, dem Alfler Pastor Antonius Marci den Auftrag, „die Kirche in Uderath, unlängst von den Einwohnern dort neu errichtet, zur größeren Ehre Gottes, zur Förderung der Frömmigkeit und der Gottesverehrung einzusegnen, damit in ihr erneut der Gottesdienst gültig gefeiert werden kann“.

 

Laut Visitationsbericht v. J. 1777 hat „die Kapelle zu Auderath (...) ihren Schutzheiligen ge­wechselt, indem die allerseligste Jungfrau 1. Patronin geworden und der h. Sebastian mit der h. Lucia u. dem h. Rochus an die 2. Stelle getreten ist.“10 Der Altar des hl. Sebastian bestand noch bis 1832.11

 

Am 18. Sept. 1841 schreibt der damalige Lehrer unseres Dorfes an den Herrn Landrat in Co­chem: „Zum Antrag auf Versicherung der Turmglocken. Es befinden sich hier 2 Glocken, von denen die eine circa 8½ - 9 Zentner wiegt, und worauf ich unter anderen undeutlichen Buch­staben den Namen Maria las. Die zweite jedoch nur 6½ - 7 Zentner wiegen wird, las darauf den Namen: Johann Matthias. Auf beiden Glocken ist das Datum nicht vorfindbar, und schließe ich, falls ich mich auf die Erbauung der Kirche selbst beziehen dürfte, 180-185 Jahre dieselben alt sein können. In dem ich Ihnen diese Auskunft gebe und wünsche, dass sie Ihnen hinreichend sei, empfangen Sie freundschaftlichen Gruß von Auderath, 18 ten Sep. 1841. gez. Lehrer.“

 

Dr. Heinrich Zimmermann

Dr. Heinrich Zimmermann

Laut Gemeindebuch vom 27. April 1881 verhandelt der Gemeinderat über die Forderung des Kirchenvorstandes von Alflen, „bei Benutzung der Kirchenglocken für Gemeindezwecke eine jährliche Miete zu zahlen“. Der Rat stellte fest, dass die Gemeinde bisher den größten Teil für die Kirche und Glocken selbst getragen hat. Doch für die Kirchengemeinde sei es nicht zu­mutbar, die Benutzung der Kirchenglocken ohne Gegenleistung zu gestatten. Der Gemeinde­rat beschließt, für die Benutzung der Kirchenglocken zu Gemeindezwecken in der bisherigen Weise an die hiesige Filialkirche eine jährliche Miete von dreißig Mark zu entrichten, jedoch nur mit der Voraussetzung, dass die Gemeinde jeder Unterhaltung enthoben bliebe und dem Vorbehalte jederzeitiger Kündigung.

 

1930 wurde der „unschöne Tabernakel, der fast das ganze Muttergottesbild auf dem Altar verdeckte“, durch einen neuen ersetzt.12

 

Seit 1948 wirkte Pfarrer i. R. Dr. Heinrich Zimmermann als Seelsorger in Auderath. Er hielt trotz seines Alters die werktäg­lichen Frühmessen und den Sonntagsgottesdienst.13 Mit dem Bau eines „Pfarrhauses“ neben der Kirche (1953) verband sich die Hoffnung der Gemeinde, auf Dauer einen Priester im Ort zu haben.

 

Hl. Sebastian Hl. Rochus

Hl. Sebastian

Hl. Rochus

 

Auf Grund der regen Teilnahme am Gottesdienst in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg reichte der Platz in der Kirche, besonders an Sonn- und Feiertagen, nicht mehr aus. Also be­schloss man, das Kirchengebäude zu erweitern. Gleichzeitig sollten kriegsbedingte Schäden beseitigt werden. 1952 wurde die Kirche nach den Plänen des Architekten Barz aus Cochem unter Mitwirkung der Denkmalpflege durch Querschiffe und neuen Chor erweitert.15 Die Baukosten betrugen nach dem Kostenvoranschlag des leitenden Architekten 14 000 DM. Da zur gleichen Zeit auch der Neubau der Schule finanziert werden musste, standen der Filialgemeinde an Haus­haltsmitteln maximal 9 000 DM zur Verfügung. Das notwendige Bauholz wurde ebenfalls von der Gemeinde gestellt. Ein Antrag an die Bezirksregierung Koblenz auf Gewährung eines Bauzuschusses wurde abgelehnt, da im Haushaltsjahr 1952 für derartige Maßnahmen keine Mittel mehr zur Verfügung standen. Es wurde aber für das folgende Jahr ein Zuschuss in Aus­sicht gestellt, der dann auch mit 2 500 DM in die Finanzierung einging (Schreiben vom 16. April 1953). Die Restfinanzierung von 2 500 DM wurde aus anderen Quellen aufgebracht.

 

Die Baumaßnahmen wurden von dem Bauun­ternehmer Josef Fischer, Alflen, die Zimmer­mannsarbeiten von der Fa. Jakob Bons, Höchst­berg, durchgeführt. Das alte Dach mit Turm wurde saniert und durch den Dachdecker­betrieb Stoll aus Ulmen neu eingedeckt. Bevor der Kir­chenhahn seinen alten Platz auf der Spitze wie­der einnahm, ging der Dachdeckerge­selle Rein­hold Stoll, Ulmen, von Haus zu Haus, zeigte den Leuten den restaurierten Wetterhahn und trug folgenden Vers vor:

 

„Hier bringen wir den Kirchenhahn,

er zeigt euch Wind und Wetter an,

er zeigt euch Nord, Ost, Süd und West,

drum unser Trinkgeld nicht vergesst.

Dem Hahn sein Vater war ein großer Schreier,

er aß gern Schinken, Speck und Eier.“

 

Umbau der Kirche 1952. Matthias Saxler und Alois Steffes nehmen den Kirchenhahn von der Turmspitze.

 

Zwei dicke Querbalken wurden durch Anker aus Eisen ersetzt. Damit ereichte man auch eine bessere Sicht von der Empore auf den Altar. Die im Kriegsjahr 1917 aus der Kirche in Meise­rich erworbenen Kreuzwegstationen wurden 1953 gegen einen neuen Kreuzweg ausgetauscht. Dieser war eine Stiftung von Pfarrer i. R. Dr. Heinrich Zimmermann.

 

1972 wurde der Vorplatz neu gestaltet und ein Kriegerdenkmal mit den Namen der Gefalle­nen aus Auderath aufgestellt. 1978/79 wurde die Kirche abermals umfassend renoviert. Der Innenraum erhielt einen neuen Anstrich und der Fußboden wurde erneuert. Unter der De­ckenwölbung legte man einen einfachen barocken Fries an. Die Kirchenbänke sowie die Kir­chentür wurden von Schreinermeister Arenz aus Müllenbach neu gefertigt. Die Kirchentür erhielt außen eine schützende Kupferverkleidung. Der Korpus vom alten Missionskreuz hängt jetzt am Kreuz über dem Altartisch.

 

Die Kirche in Auderath verfügt über eine sehr schöne alte Krippe, die den Stall zu Bethlehem im Stil unserer Heimat darstellt. Sie stammt aus der Kapelle des Kindererholungsheims im Haus Waldfrieden, das 1925 unter der Leitung von Vinzentinerinnen eingerichtet wurde. In den letzten Jahren hat vor allem Werner Konrad dafür gesorgt, dass die Krippe, inzwischen mit neuen Figuren ausgestattet, zu einem Anziehungspunkt in der weihnachtlich geschmück­ten Kirche wurde. Das Amt des Küsters haben folgende Personen ausgeübt: Carl Josef Pellenz, Lehrer, 1854-1874; Christoph Röhl, nach 1874; Matthias Zirwes, um 1910; Matthias Berens, bis 1924.

 

Dann übernahm Peter Schneider das Amt. Er hatte es bis 1981 inne. Der Küster- und Orga­nistendienst war für ihn eine Lebensaufgabe, der er sich mit Freude und Leidenschaft wid­mete. Für den Blumenschmuck in der Kirche sorgte seine Ehefrau Lena. Im hohen Alter von 82 Jahren gab er das Amt an seinen Sohn weiter. Josef Schneider, 1981-2003; Kai Höhmann, 2003-2006; Werner Konrad, 2006-2010; Reinhard Roden, seit 2010.

Auch die Frauen des Dorfes leisten ihren Beitrag zur Pflege des Gotteshauses.

 

 

1 Alois Thomas, Altarsepulkren erzählen, in: Trierisches Jahrbuch 1956, S. 88 f.

2 Ernst Wackenroder, Die Kunstdenkmäler des Landkreises Cochem, Die Kunstdenkmäler von Rheinland-Pfalz,

Bd. 3, Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz (Hg.), München – Berlin 1959, Nachdruck 1984, S. 69

3 Thomas, S. 89

In Bezug auf die Frage, ob es bereits vor 1447 ein Gotteshaus in Auderath gegeben hat, sei auf folgende

Angabe bei Wackenroder, S. 69 verwiesen: „Eine kleine Glocke v. J. 1400 wurde etwa 1928 eingeschmolzen:

JESUS MARIA LUCAS MARCUS MATHEUS JOHANNES, MCCCC.“

4 Wackenroder, S. 68

5 Philipp de Lorenzi, Beiträge zur Geschichte sämtlicher Pfarreien der Diöcese Trier, II. Regierungsbezirk

Koblenz. Unveränderter Nachdruck der Ausgabe Trier 1877, Trier 1984, S. 244

6 LHA-KO; 1C, 12524 „Besetzung des Altars der hl. Luzia“

7 Wackenroder, S. 68

8 de Lorenzi, S. 244

9 Wackenroder, S. 68

10 de Lorenzi, S. 245

11 Wackenroder, S. 68

12 Chronik des Dorfes und der Schule, S. 22

13 Chronik des Dorfes und der Schule, S. 63

14 Chronik des Dorfes und der Schule, S. 75

15 Wackenroder, S. 68

Weitere Quellen: Festschrift MGV Liederkranz Auderath 1923-1973; Erich Krämer, Alois Steffes, Werner Kon­rad